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Klima in den Medien: Ein Wandel ist möglich

In den letzten Jahren hat die Klimakrise unsere Welt auf eine Weise herausgefordert, die kaum zu übersehen ist. Sie durchdringt alle Ebenen unserer Gesellschaft und fordert tiefgreifende Veränderungen in wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Bereichen. Um den notwendigen Wandel voranzutreiben, kommt es vor allem auf eines an: die Kommunikation. Die Initiative "KLIMA° vor acht" hat es sich zur Aufgabe gemacht, genau hier anzusetzen und seit fast vier Jahren für eine bessere Aufklärung und Sensibilisierung in den Medien zu sorgen.

KLIMA° vor acht e. V. hat das Ziel, die Klimaberichterstattung aller Medien, vor allem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, zu verbessern. Der Verein hat unter anderem mit sechs Beispielfolgen für eine TV-Sendung seiner Forderung nach regelmäßiger wissenschaftlich fundierter und konstruktiver Klimaberichterstattung Nachdruck verliehen.

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Rückblickend auf das Jahr 2020 haben wir gesehen, wie kompetent der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Krisenzeiten informieren kann. Die Coronapandemie wurde von einer Fülle von Sondersendungen, Informationen und Podcasts begleitet. Doch wenn es um die Berichterstattung über die Klimakrise geht, ist das Engagement nur unzureichend im Bezug auf das Ausmaß der Klimakrise. Eine Studie der Universität Hamburg vom Januar 2022 offenbart, dass weniger als 2 % der Sendezeit im öffentlich-rechtlichen Fernsehen dem Thema Klima gewidmet sind (siehe Tschötschel et al. 2022). Ein Fakt, der die Notwendigkeit für Initiativen wie "KLIMA° vor acht" unterstreicht.

Regelmäßige Klimasendung im Vorabendprogramm

Die Forderung nach einer regelmäßigen Klimasendung im Vorabendprogramm der öffentlich-rechtlichen Sender, insbesondere vor der Tagesschau, ist keineswegs neu. Bereits im November 2019 wurde eine Petition von zwei Studentinnen ins Leben gerufen, die statt täglicher Aktienkurse lieber über die "größte Herausforderung unserer Zeit" informiert werden wollten. Trotz einer beeindruckenden Unterstützung von 31.000 Unterschriften und blieb eine angemessene Reaktion der ARD jedoch aus. Auch die Grannies for Future versuchten sich im April 2020 mit einer größeren Briefaktion an die Rundfunkräte, die leider unbeantwortet  blieb.

Resignation war für die Verfechter eines stärkeren Klima-Fokus im Fernsehen keine Option. So gründete sich "KLIMA° vor acht e.V.", ein gemeinnütziger Verein, der nicht nur fordert, sondern zeigt, wie es gehen kann. Durch eine überwältigende Crowdfunding-Kampagne – die auf 20.000 EUR budgetierten Sendungen waren innerhalb von 3,5 Stunden erreicht – wurden genug Mittel für die Produktion von sechs Pilotfolgen gesammelt, die auf YouTube ein breites Publikum fanden und die Sehnsucht nach einer solchen Sendung im deutschen Fernsehen deutlich machten. Ein offener Brief an die ARD, unterzeichnet von über 20.000 Menschen, verstärkte diese Forderung, blieb aber zunächst ohne die erhoffte Wirkung. Tom Buhrow, der damalige ARD-Vorsitzende, verwies auf den Programmdirektor und der verwies auf die Mediathek.

Während die ARD zögerte, ergriff der private Sender RTL die Initiative. Der Verein KLIMA° vor acht beriet den Sender bei der Entwicklung eines neuen Formats und im Juli 2021 wurde das "Klima Update" erstmals ausgestrahlt. Die Sendung, die zweimal wöchentlich nach den Hauptnachrichten ausgestrahlt wird und durchschnittlich 2,5 Millionen Menschen erreicht. Dieses Format beweist, dass das Interesse und der Bedarf an fundierter und zugänglicher Berichterstattung über die Klimakrise groß sind.

Die Erfolgsgeschichte geht weiter

Die Erfolgsgeschichte von "KLIMA° vor acht" und das Engagement von RTL zeigen, dass Veränderung auch in den Medien möglich ist. Sie beweisen, dass es Mut braucht, um neue Wege zu gehen und das Bewusstsein für die Dringlichkeit der Klimakrise in der breiten Öffentlichkeit zu schärfen. Der Verein KLIMA° vor acht ist ein gutes Beispiel dafür, dass wir, wenn wir gemeinsam handeln, den Kurs ändern können. Der Weg ist vielleicht lang und voller Herausforderungen, doch Schritt für Schritt bewegen wir uns vorwärts – für unseren Planeten, für unsere Zukunft.

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Inzwischen ist auch ein Sammelband erschienen, der näher auf die Herausforderungen von Medien in der Klimakrise eingeht. 28 namhafte Autor:innen, vorwiegend aus Kommunikationswissenschaft und Journalismus, belegen darin eindrucksvoll, wie und warum die Medien in ihrer eigenen Klima-Krise stecken. Sie zeigen auf, warum der Klimawandel eine journalistische Herausforderung ist, und stellen Lösungen, Ideen und Erfahrungen vor, wie Medienschaffende besser in der Krise handeln können.

Vor allem für Medienschaffende zeigt der Band, wie man konstruktiv über die Klimakrise berichten kann und bietet praktische Beispiele. Auch Themen wie “false balance” werden beleuchtet und diskutiert. 

"false balance" ist eine journalistische Fehlpraxis, bei der in der Berichterstattung beiden Seiten eines Themas unverhältnismäßig gleiche Aufmerksamkeit geschenkt wird, obwohl die Beweise deutlich eine Seite unterstützen. Dies führt dazu, dass Meinungen von kleinen Gruppen oder widerlegte Ansichten als gleich gültig gegenüber wissenschaftlichen Konsenspositionen dargestellt werden. Es vermittelt dem Publikum ein irreführendes Bild der Realität, indem es den Anschein einer Debatte erweckt, wo keine echte Kontroverse existiert. 

Literatur

Tschötschel, R.; Schumann, N., Roloff, Rahel; Brüggemann, M. (2022): Inhaltsanalyse der „Tagesschau“ und des Gesamtprogramms von Das Erste, ZDF und WDR 2007 bis 2022. Der Klimawandel im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. URL: https://www.ard-media.de/media-perspektiven/publikationsarchiv/2022/detailseite-2022/der-klimawandel-im-oeffentlich-rechtlichen-fernsehen

Mann, M. E.; Schurmann, S.; Brüggemann, M.; Urner, M.; Cook, J.; Busse, T.; Joeres, A.; Götze, S. Heinrichs, E.; Terli, Ö; Meuser, M. KLIMA° vor acht e.V. (2022): Medien in der Klima-Krise. oekom Verlag. URL: https://www.oekom.de/buch/medien-in-der-klima-krise-9783962383855

 

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