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Neue Chancen für Jugendbeteiligung in NRW

Für das Gelingen eines Wandels hin zu einer ökologisch und sozial gerechten Welt ist ein von der Politik oft aus den Augen verlorener Aspekt essentiell: Die Beteiligung junger Menschen in politischen Prozessen. Schließlich geht es um den Schutz von Lebensgrundlagen, den besonders jene benötigen, die noch lange auf diese angewiesen sind. Neben dem Engagement, das Jugendliche seit Jahren auf der Straße beweisen, ist es für die Begleitung und Umsetzung der Forderungen aus der Klimagerechtigkeitsbewegung und im Sinne des Drucks von verschiedenen Seiten unerlässlich, dass auch institutionelle Jugendbeteiligung in allen Bundesländern verankert wird.

In den letzten 15 Jahren jedoch wurde Jugendbeteiligung in NRW skandalös vernachlässigt. Während mittlerweile in Bundesländern wie Brandenburg die Beteiligung von Jugendlichen in politischen Entscheidungsprozessen verpflichtend in der Gemeindeordnung festgeschrieben ist, hinkt NRW hinterher - und das, obwohl der Anteil Minderjähriger an der Gesamtbevölkerung über dem deutschen Durchschnitt liegt. Jugendliche und Kinder müssen hier nicht an politischen Prozessen beteiligt werden sondern „können“ eingebunden werden, wo und wie es den politischen Entscheidungsträger:innen gefällt. Dies führt in der Konsequenz dazu, dass Minderjährige nur dort eine politische Stimme haben, wo Ressourcen zur Verfügung stehen und wo es der lokalen Politik passt. Dass im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands jeder sechsten Person eine politische Stimme verwehrt wird, ist kaum zu glauben. 

Die neue Koalition aus CDU und Grünen scheint bei einem ersten Blick in den Koalitionsvertrag überzeugt, Jugendlichen Stimmen mehr Gehör verleihen zu wollen. So finden eine Änderung der Gemeindeordnung zur verpflichtenden Beteiligung von Jugendlichen in allen Kommunen, die Erstellung eines Aktionsplans zur Jugendbeteiligung, die Einführung des Wahlalters ab 16 für Landtagswahlen und für sachkundige Bürger:innen sowie die Einführung eines Jugendchecks darin Erwähnung - hauptsächlich jedoch lediglich im Zusammenhang mit Prüfaufträgen und ohne jegliche Konkretisierung der Inhalte eines Aktionsplans oder Jugendchecks. Wie stark sich an den Möglichkeiten für Jugendbeteiligung also tatsächlich etwas ändert, ist noch unklar.

Was sich jetzt in NRW ändern muss

NRW muss jetzt aufholen. Jede minderjährige Person muss die Möglichkeit erhalten, sich kommunalpolitisch einzubringen. Jugendbeteiligungsgremien in allen Städten und Gemeinden sollten nicht vom guten Willen der Kommunalpolitik abhängig sein, sondern ein Recht der Kinder und Jugendlichen aller Kommunen sein. Hierzu muss der Abschnitt in der Gemeindeordnung zur Jugendbeteiligung in Kommunen von einer „Kann“-Formulierung zu einer „Muss“-Formulierung umgeändert werden. Nötig sind ebenfalls einheitliche Regeln, was Beteiligung in kommunalen Ausschüssen, Rede- und Stimmrecht betrifft, ebenso wie finanzielle Budgets, gesicherte Räume für Treffen und in der Arbeit begleitende Erwachsene, damit es für die politische Stimme keinen Unterschied macht, an welchem Ort Jugendliche wohnen. So haben in wenigen Kommunen NRWs Jugendvertreter:innen in allen kommunalen Ausschüssen bereits ein Rederecht. Das muss ebenso zum NRW-weiten Standard werden wie ein angemessenes finanzielles Budget für Jugendbeteiligungsgremien und die hauptamtliche pädagogische Begleitung.

Warum für die sozialökologische Transformation Jugendbeteiligung so wichtig ist, liegt auf der Hand: Wer noch lange auf diesem Planeten leben muss, für den ist seine Erhaltung keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Resignieren oder Ziele aufgeben ist für die junge Generation daher ebenso keine Option, die Hoffnung zu bewahren wird quasi zur notwendigen Verantwortung. Und wer noch nicht durch Lobbyabteilungen und jahrelanges Versprechen abgestumpft ist, kann entschlossener Forderungen formulieren, an die ältere Generationen vielleicht schon nicht mehr glauben. Fridays for Future zeigt das genauso wie die erfolgreiche Klimaklage junger Menschen gegen das Klimaschutzgesetz. Die Bedürfnisse, die Angst, aber auch die Hoffnung der jungen Generation muss zur Sprache kommen! Deswegen braucht es im Sinne der Generationengerechtigkeit eine feste Verankerung von Jugendbeteiligung auf kommunaler Ebene.

Jugendvertretungen engagieren sich für bessere Beteiligung

Der Kinder- und Jugendrat Nordrhein-Westfalen ist der Dachverband der kommunalen Jugendbeteiligungsgremien des Bundeslandes. Mitglied sind derzeit 39 kommunale Gremien verschiedener Formen. Mit dem Ziel, kommunale Jugendbeteiligung in NRW zu fördern und die Interessen von Jugendlichen auf Landesebene zu vertreten, arbeitet der KiJuRat einerseits im Kontakt mit der Landespolitik an aktuellen jugendrelevanten Themen und bietet andererseits einen Ort der Vernetzung und des Austausches für kommunalpolitisch engagierte Jugendliche. In der Bundeskonferenz der Landesverbände der Jugendbeteiligungsgremien engagiert sich der KiJuRat langfristig für eine Vertretung Jugendlicher gegenüber der Bundespolitik.
 

Die AG Gemeindeordnung und das Sprecher:innen-Team des Kinder- und Jugendrat NRW arbeiten bereits seit Jahren an einer Umsetzung dieser Forderung. Mit der neuen Landesregierung sind zwar neue Chancen entstanden, damit Gehör zu finden, es zeigen sich jedoch auch Herausforderungen in der Umsetzung.

Im November 2022 verabschiedete der KiJuRat ein Forderungspapier zum Koalitionsvertrag, in dem unter anderem die verpflichtende Festschreibung von Jugendpartizipation in der Gemeindeordnung und einheitliche Rechte, wie Rederechte, finanzielle Budgets und pädagogische Begleitung gefordert werden.

Nun stehen Gespräche mit den jugendpolitischen Sprecher:innen der Landtagsfraktionen, dem Landtagspräsidenten André Kuper, anderen Jugendvertretungen aus NRW und jugendpolitischen Dachverbänden aus ganz Deutschland an.

Kommunales Jugendbeteiligungsgremium

Informiere Dich, ob es in deiner Kommune ein Jugendbeteiligungsgremium gibt. Du kannst dich dort je nach Form wählen lassen, aber auch so an regelmäßigen Treffen teilnehmen. Wenn es kein Gremium in deiner Kommune gibt, das die Stimme Jugendlicher gegenüber der Politik vertritt, suche Dir andere Jugendliche und fordere Dein Recht auf Partizipation ein!

In folgenden Bundesländern sind Kommunen schon per „Muss“-Regelung in der Gemeindeordnung verpflichtet, Jugendliche zu beteiligen:

  • Baden-Württemberg
  • Brandenburg
  • Hamburg
  • Schleswig-Holstein
     

Schüler:innenvertretung, Bezirksschüler:innenvertretung, Landesschüler:innenvertretung, Bundesschüler:innenvertretung

Willst Du Dich an Deiner Schule engagieren? Dann ist neben AGs die SV ein toller Startpunkt dafür. Wenn Du Dir einen noch größeren Hebel wünschst, vernetze Dich mit anderen Schüler:innenvertretungen Deiner Kommune oder Deines Landes!

Über Deinen Jugendverband im kommunalem Jugendring, Landesjugendring oder Bundesjugendring

Du bist Mitglied in einem Jugendverband? Dann kannst Du im Jugendring Deiner Kommune, Deines Landes oder sogar Deutschlandweit politisch etwas bewegen!

Jugend vertritt Jugend

Wenn Du in einer Wohngemeinschaft oder Einrichtung der Erziehungshilfe in NRW wohnst, ist Jugend vertritt Jugend NRW“ Deine Interessensvertretung. Dort kannst Du Dich mit Deinen Anliegen an Jugendliche wenden, die sich politisch für Dich einsetzen.

YoupaN (Jugendforum für BNE in Deutschland)

Du möchtest Dich gemeinsam mit anderen jungen Menschen bundespolitisch für Bildung für Nachhaltige Entwicklung einsetzen? Dann engagiere Dich im und mit dem YoupaN! Einmal jährlich hast Du die Chance, in das Gremium gewählt zu werden. Oder Du nimmst an einer ihrer Veranstaltungen, wie der YoucoN, teil.

Aktionsplan Jugendbeteiligung

In NRW entsteht gerade der „Aktionsplan Jugendbeteiligung“. Im Rahmen dessen werden viele Beteiligungsprojekte entstehen, die verschiedenste Zielgruppen ansprechen sollen. Auch die Erstellung des Plans soll partizipativ ablaufen. Hier kannst Du an der Gestaltung der Jugendpartizipation im Land mitwirken!

Klima-Bürger:innenrat

Unterstütze die Forderung von Klimamitbestimmung e.V. nach einem Klima-Bürger:innenrat.

Kommunales Nachhaltigkeitsgremium

Einige Kommunen haben Nachhaltigkeitsräte oder andere Formen von Gremien, die zu einer nachhaltigen Entwicklung der Stadt beitragen wollen. Oder hat Deine Schule, Hochschule oder Deine Freizeiteinrichtung ein Nachhaltigkeitsgremium? Du kannst Dich über die Möglichkeiten in Deiner Umgebung informieren, mit ihnen in Kontakt treten und gegebenenfalls auch dort die Mitsprache von Jugendlichen einfordern. 

Illustration zum Beitrag: Benjamin Bertram

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