Wie Engagement weniger anstrengend wirken kann
Ein Gedankenmuster, das ich bei mir und vielen Jugendlichen in meinem Umfeld beobachte, ist der Glaube, dass das Engagement sowieso keinen großen Effekt mehr hat, weil die Politik es ignoriert und weiterhin als verlängerter Arm der fossilen Industrie agiert. Dieses Narrativ ist auf der einen Seite wichtig, denn die Kritik am Lobbyismus durch große Konzerne und an politischen Entscheidungen, die vor allem Wirtschaftsvertreter:innen und älteren Menschen in die Karten spielen, ist absolut berechtigt. Gefährlich ist es, wenn diese Kritik umschwenkt in eine Resignation und schwindendes Vertrauen in demokratisch gewählte Vertreter:innen mit der Annahme, dass Politiker:innen die Interessen Jugendlichen egal seien. Denn das Handeln der Politiker:innen in ihrer Rolle kann zwar von Konzerninteressen, Streben nach Machterhalt und Wiederwahl beeinflusst werden, aber auch von guten Argumenten und von Druck von der Straße. Und wir leben in einer Demokratie, in der Klimaschutz durch Wahlen, Gremien, Partizipationsprozesse und auf der Straße vorangetrieben werden kann, von jeder einzelnen Person.
Doch gerade von den verschiedenen Teilen der Klimabewegung nehme ich oft Darstellungen von Politiker:innen wahr, die sie, unabhängig von der Parteizugehörigkeit, als Lobbyfreund:innen, Wissenschaftsleugner:innen, Unterdrücker:innen, schlicht schlechte Menschen porträtieren. Das führt dazu, dass viele junge Menschen gar nicht erst versuchen, mit Politiker:innen ins Gespräch zu kommen. Denn sie sind überzeugt, dass ihre Anliegen ohnehin nicht gehört und berücksichtigt werden würden. Es muss also eine realistischere Darstellung von Politiker:innen und ihren Entscheidungen und ihrem Handeln vermittelt werden: Menschen, die leider oft durch die fossile Lobby und konservative Werte geprägt sind, die aber durch eine große, strategisch handelnde Gruppe an Menschen, ihre Darstellung in der Öffentlichkeit und einen persönlichen Bezug von Nachhaltigkeitspolitik überzeugt werden können.
Außerdem wünsche ich mir eine Reflexion des Begriffes „Erfolg“ in der Klimabewegung. Denn es ist nicht nur ein Erfolg, eine:n Entscheidungsträger:in vom Anliegen überzeugt zu haben, auch ein erstes Gespräch, das nach einigen weiteren zur Umsetzung der Forderung führen könnte, ist ein Erfolg. Auch ein Zusammenkommen und gemeinsam über Sorgen hinsichtlich globaler Krisen Reden ist ein erster wichtiger Schritt, der eine Gruppe zu politischem Handeln befähigen kann. Eine von vielen Ursachen, dass Engagierte sich oft schwer tun, kleine Erfolge wahrzunehmen, liegt meiner Einschätzung nach auch in der Art, wie im Bildungssystem durch Noten Erlerntes lediglich als erfolgreich und nicht-erfolgreich bewertet wird, ohne auf Zwischenerfolge hinzuweisen oder kleine Fortschritte wertzuschätzen.
Dabei geht es beim Lernen wie beim Engagieren nicht nur um große globale Ziele. Auch wenn es wichtig ist, das große Ganze und die persönliche Utopie vor Augen zu behalten, geht es doch darum, Schritt für Schritt entlang der eigenen Strategie Strukturen zu verändern und sich dabei auch als Person weiterzuentwickeln.
Ich möchte mich auch durch Zwischenerfolge wirkungsvoller fühlen!
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